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3.10.12

Das Recht auf Vergessenwerden nach dem Entwurf der EU-Datenschutzverordnung



Suchmaschinen sind die Gatekeeper des Internet. Wer etwas im Netz sucht, für den sind sie oder hierzulande fast ausschließlich Google der Startpunkt. Wer umgekehrt nicht will, dass etwas über ihn gefunden wird, der muss zumindest auch an dieser Stelle ansetzen. Was nicht über Google auffindbar ist, existiert für viele Nutzer nicht mehr. Dem entsprechend können Suchdienste auch in den Fokus rücken, wenn es um das sog. Recht auf Vergessenwerden geht. Zu diesem will ich heute allgemein kurz die Grundlagen nach der geplanten EU-Datenschutzverordnung darstellen, um im nächsten Beitrag über mögliche Auswirkungen auf Suchmaschinen zu spekulieren.


Der am 25.1.2012 vorgestellte Entwurf der Datenschutz-Grundverordnung sieht in Art. 17 das Recht auf Vergessenwerden vor. Abs. 1 lautet:

"Die betroffene Person hat das Recht, von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen die Löschung von sie betreffenden personenbezogenen Daten und die Unterlassung jeglicher weiteren Verbreitung dieser Daten zu verlangen ..., sofern einer der folgenden Gründe zutrifft:

a) Die Daten sind für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig.

b) Die betroffene Person widerruft ihre Einwilligung, auf die sich die Verarbeitung gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a stützte, oder die Speicherfrist, für die die Einwilligung gegeben wurde, ist abgelaufen und es fehlt an einer anderweitigen Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der Daten.

c) Die betroffene Person legt gemäß Artikel 19 Widerspruch gegen die Verarbeitung ein.

d) Die Verarbeitung der Daten ist aus anderen Gründen nicht mit der Verordnung vereinbar
."


Diese Formulierung lässt schnell erkennen, dass es sich eigentlich um eine Mogelpackung handelt. Was man früher schlicht mit Löschanspruch oder dem Prinzip des sparsamen Umgangs mit Daten überschrieben hätte, wird als etwas Neues unter dem Modeslogan des Rechts auf Vergessenwerden präsentiert. § 35 BDSG enthält bereits in Umsetzung von Art. 12b der EU-Datenschutzrichtlinie einen vergleichbaren und durch einen umfassenden Auskunftsanspruch flankierten Löschanspruch. Problematisch ist da in der Praxis doch eher die Durchsetzbarkeit, vor allem wenn man an Global Player wie Facebook oder Google denkt.

Besonders umstritten am Entwurf der Datenschutzverordnung ist die Verpflichtung, auf Verlangen nicht nur die Daten aus dem eigenen System zu löschen, sondern auch bei Dritten dafür zu sorgen, dass es zu keiner weiteren Verbreitung der Daten kommt. Welche Pflichten hier den benachrichtigten Dritten treffen, bleibt ungeregelt.

Erwägungsgrund 54 enthält zu diesem Komplex folgende Aussage: „Um dem ‚Recht auf Vergessenwerden’ im Netz mehr Geltung zu verschaffen, sollte das Recht auf Löschung so weit gehen, dass ein für die Verarbeitung Verantwortlicher, der die personenbezogenen Daten öffentlich gemacht hat, die Pflicht hat, Dritten, die diese Daten verarbeiten, mitzuteilen, dass eine betroffene Person die Löschung von Links zu diesen Daten oder von Kopien oder Reproduktionen dieser Daten verlangt. Der für die Verarbeitung Verantwortliche sollte im Hinblick auf Daten, für deren Veröffentlichung er die Verantwortung trägt, alle vertretbaren Schritte, auch technischer Art, unternehmen, damit diese Information die betroffenen Dritten auch tatsächlich erreicht. Werden personenbezogene Daten von Dritten veröffentlicht, sollte der für die Verarbeitung Verantwortliche für die Veröffentlichung in die Pflicht genommen werden, wenn er die Veröffentlichung gestattet hat.

Art. 17 Abs. 3 und 4 des Verordnungsentwurfs enthalten einige Ausnahmen, bei deren Vorliegen die Verpflichtung der datenverarbeitenden Person entfällt, z.B., wenn die Speicherung erforderlich ist zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung oder für historische und statistische Zwecke oder zum Zwecke der wissenschaftlichen Forschung.


Vertiefende Auseinandersetzungen finden sich z.B. bei:
Kalabis / Selzer, Das Recht auf Vergessenwerden nach der geplanten EU-Verordnung, DuD 2012, 670 ff.
Gstrein, Die umfassende Verfügungsbefugnis über die eigenen Daten, ZD 2012, 424 ff.
Nolte, Zum Recht auf Vergessen im Internet, ZRP 2011, 236 ff.

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