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20.9.12

Die Unschuld von Google

Das Video „Die Unschuld der Muslime„ hat nicht nur zu gewalttätigen Ausschreitungen in mehreren Ländern geführt – genannt sei nur die Belagerung der US-Botschaft in Kairo und der Tod der US-Botschafter in Bengasi -, es hat auch eine Debatte darüber ausgelöst, wie sich Google in einem solchen Fall verhalten soll. Ist das entsprechende Video von YouTube zu entfernen – und damit ggf. Zensur auszuüben – oder ist es dort zu belassen und damit zumindest nicht zur Beruhigung der Lage beizutragen? In der deutschen und ausländischen Presse finden sich jedenfalls vehemente Vertreter aus beiden Lagern.

Fangen wir mit einem Blick darauf an, wie Google sich denn gewöhnlich verhält. Das Unternehmen bietet in derzeit 43 Ländern ein landeseigenes Angebot an. Verstößt ein Inhalt gegen das Gesetz des Landes, dann wird es nach entsprechender Kenntniserlangung entfernt, aber auch nur in diesem Land. So fällt NS-Propaganda in den USA unter den Schutz der Verfassung und ist dort zugänglich, in Deutschland aber nicht.

Ferner entfernt Google ein Video, wenn es gegen die Nutzungsbedingungen des Unternehmens verstößt. In den Community Richtlinien führt es aus: "Wir unterstützen die Redefreiheit und räumen dieses Recht jedem ein, auch bei unpopulären Standpunkten. Wir gestatten jedoch keine Hassreden, die eine Gruppe aufgrund von Rasse oder ethnischer Herkunft, Religion, Behinderung, Geschlecht, Alter, Veteranenstatus oder sexueller Orientierung/Geschlechtsidentität angreifen oder erniedrigen."

Was heißt das nun für „Die Unschuld der Muslime“? Das Unternehmen ist nach einer Prüfung des Videos zum Ergebnis gekommen, dass es konform mit den eigenen Richtlinien ist. Konsequenterweise wäre es damit nur in den Ländern zu sperren, in denen das Video gesetzeswidrig ist und in denen ein landeseigenes Angebot besteht. Dem entsprechend fand eine Sperrung in Indien und Indonesien statt. Mangels landeseigenen Angebots werden Löschaufforderungen aus Afghanistan und dem Iran ignoriert.

So weit, so gut. Google hat sich aber dazu entschlossen, den Zugriff auf das Video in Ägypten und in Libyen zu unterbinden. Begründet wird dies mit der sehr schwierigen Situation in beiden Ländern. Ein derartiges Verhalten ist aber weder durch die Google Richtlinien (zumindest nach der eigenen Auslegung) noch durch die Gesetze der Länder vorgegeben. Es handelt sich also letztlich um eine Einzelfallentscheidung und um keine allgemeingültige Position, an der man ein zukünftiges Verhalten ablesen könnte. Und genau das wird teilweise kritisiert.

Der einfache Weg wäre für Google gewesen, das Video schlicht in allen Ländern zu sperren und für nicht vereinbar mit den eigenen Richtlinien zu erklären. Ich habe mir das Video selber angesehen und ein derartiges Ergebnis ließe sich durchaus begründen (siehe z.B. auch die Diskussion im Beck-Blog, ob das Video unter § 166 StGB subsumierbar ist). Aber vielleicht wollte sich das Unternehmen hier nicht einem vorschnellen Zensurvorwurf aussetzen.

Die Sperre nur in Libyen und Ägypten ist negativ formuliert eine Willkürmaßnahme eines Global Players, positiv formuliert eine (gute) Ermessensentscheidung. Der Umgang mit der unterschiedlichen Reichweite der Meinungsäußerungsfreiheit in den verschiedenen Ländern dürfte für ein Unternehmen wie Google nicht leicht sein. Letztlich wäre jede Entscheidung heftig kritisiert worden und das jetzige Verhalten ist meiner Meinung nach ein gangbarer Mittelweg. Für Situationen wie diese lassen sich nun einmal nur schwer allgemeine Verhaltensregeln aufstellen und muss es einem Unternehmen möglich sein, eine Ermessensentscheidung zu treffen.

Ergänzend sei noch darauf hingewiesen, dass Russlands Staatsanwaltschaft angekündigt hat, die Verbreitung des Videos verbieten lassen zu wollen und König Abdullah von Saudi-Arabien YouTube sperren lassen will. In Pakistan und Afghanistan ist dies bereits geschehen.

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