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23.2.13

Die neue Google-Bildersuche - Urheberrechtswidrig?



Die Protestseite „Verteidige Dein Bild“ will sich gegen die neue Bildersuche von Google wehren, notfalls mit einem Mustergerichtsverfahren. Doch wie sind die Erfolgsaussichten? Werfen wir zunächst einen Blick darauf, was sich genau ändert und wie Google diesen Schritt begründet:

Die Bildersuche bisher:
Google zeigt als Suchtreffer eine Liste mit verkleinerten Vorschaubildern, den sog. Thumbnails. Klickt ein Nutzer eines an, wird der Bildschirm geteilt. Auf der rechten Seite findet sich der Thumbnail mit einigen weiteren Informationen (z.B. Website, von der das zugrundeliegende Bild stammt, Bildgröße usw.), auf der linken Seite wird die Originalquelle angezeigt, d.h. alle dessen Bestandteile – Wort und Bild. Die rechte Seite enthält ferner den Link „Website mit diesem Bild.“ Klickt ein Nutzer diesen an, wird er auf die Originalwebseite geführt.

Die Bildersuche neu (bislang nur noch nicht in Frankreich und Deutschland verfügbar, aber ohne weiteres auch dort über die.com-Version nutzbar):

Ein Nutzer erhält zunächst die gewohnte Übersicht mit Thumbnails. Klickt er eines der Bilder an, verändert sich die Übersicht. Es erscheint jetzt eigebunden in die Trefferliste ein dominierender Bereich, in dem das Bild in Originalgröße erscheint und daneben relativ klein gehalten Informationen zur Herkunft und zwei Links zur Originalquelle (der Titel der Originalwebseite und die genannte Domain sind jeweils als Link gestaltet).

Für eine genauere Darstellung mit Screenshots siehe z.B. Lerg, Neue Google Bildersuche pfeift auf Urheberrecht, fair Use und Co.


Gründe für die Veränderung (laut Google):

Google will mit der neugestalteten Suche für eine "better search experience" sorgen, also besser auf die Bedürfnisse seiner Nutzer eingehen. Dabei sieht das Unternehmen sogar Vorteile für Webmaster. Google-Sprecher Kay Overbeck wird bei Spiegel Online zitiert: “Wir können erkennen, dass durch das neue Design bei einer typischen Suche durchschnittlich ein höherer Click-Through-Wert erzielt wird als früher”. Ob sich dies in der Praxis bewahrheitet, ist zu bezweifeln, da bei der neuen Bildersuche die Notwendigkeit, zur Ursprungsseite zu springen, nicht mehr besteht. Das Bild wird mit voller Auflösung bei Google bereits angezeigt.

Mehr Informationen von Google im Webmaster Central Blog.
 

Erste Überlegungen zum Urheberrecht

Die Vorwürfe gegen Google setzen beim Urheberrecht an. Hier hat der BGH in seinen beiden Thumbnail-Urteilen (29.4.2010, Az. I ZR 69/08 und 19.10.2011, Az. I ZR 140/10) entschieden, dass die Bildersuche grundsätzlich von einer schlichten Einwilligung des Urhebers gedeckt ist. Will dieser eine Anzeige verhindern, muss er sich auf technischem Weg, insbesondere durch die Verwendung von robots.txt schützen. Die Gerichtsverfahren setzen aber beide bei der Darstellung der Suchergebnisse an: Google vervielfältigt ein Bild und zeigt es in verkleinerter Form als Vorschaubild. Dies tangiert sowohl das Recht auf Vervielfältigung als auch das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung, §§ 16, 19a UrhG. Hier ändert sich durch die neue Bildersuche rein gar nichts. Nach wie vor werden Nutzern zunächst als Suchergebnisse Thumbnails präsentiert.

Woran sich die Urheber stören, ist die in der neuen Bildersuche dazugekommene Darstellung in der vollen Auflösung, wenn ein Nutzer eines der Thumbnails anklickt. Ganz neu ist dies auf den ersten Blick jedoch ebenfalls nicht. Auch bisher bekam ein Nutzer nach Anklicken des Thumbnails das Vollbild dargestellt - allerdings nur zusammen mit den anderen Inhalten der Originalwebseite. Bei der neuen Bildersuche bleibt davon nur das Originalbild in voller Größe übrig. Demnach eigentlich ein weniger an Darstellung der Originalwebseite als zuvor!

Das große Bild wurde früher und wird auch bei der neuen Suche nicht von den Servern von Google abgerufen, sondern von der Originalwebseite. Es handelt sich letztlich um einen sog. Inline-Link. Diese Form der Einbindung ist nicht neu, sie wurde in den bisherigen Thumbnail-Verfahren nur nicht thematisiert. Letztlich stellen sich damit bei der neuen Bildersuche keine anderen Probleme als bei der alten. Was aber anders ist, ist die Wahrnehmung. Früher haben sich Urheber an der Art der Einbindung weniger gestört. Das ist auch verständlich: Durch die komfortable neue Bedienung werden zukünftig mehr Nutzer kein Bedürfnis mehr dafür sehen, sich zur Originalseite durchzuklicken.

Die rechtliche Zulässigkeit von Inline-Linking ist bislang in Deutschland nicht abschließend ausdiskutiert. Verneint man bei diesem Verhalten die Beeinträchtigung eines der dem Urheber zugewiesenen Ausschließlichkeitsrechte nach §§ 15 ff. UrhG, ist die Prüfung vorbei. Die Handhabung von Google ist dann urheberrechtlich nicht zu beanstanden. Nach meiner, schon 2002 in meiner Promotion vertretenen Ansicht kann Inline-Linking jedoch ein unbenanntes Verwertungsrecht tangieren (insbesondere ab S. 330 ff.). Ebenso könnte man daran denken, dass dieser Fall vom Recht auf öffentliche Zugänglichmachung (§ 19a UrhG) erfasst wird.

Betrachtet man jüngere Urteile zum vergleichbaren Fall des Framings (z.B. OLG Köln, Urteil vom 16.3.2012, Az. 6 U 206/11) dürften die Chancen von Google nicht schlecht stehen, sich gegen den Vorwurf einer Urheberrechtsverletzung zu wehren. Auf diese Thematik werde ich in einem späteren Beitrag noch einmal genauer eingehen.

Sollte in einem Musterverfahren diese erste Hürde genommen werden können, müsste ferner dargelegt werden, warum die neue Bildersuche nicht von der vom BGH angenommenen schlichten Einwilligung gedeckt ist. Der BGH hat hier nicht näher dazu ausgeführt, wie weit diese Einwilligung reicht. Er rechtfertigt mit dieser die „nach den Umständen üblichen Nutzungshandlungen.“ Hier ließe sich argumentieren, dass Inline Linking schon immer Bestandteil der Bildersuche war und den Anbietern eine Weiterentwicklung des Dienstes im Laufe der Zeit möglich sein muss, um gesteigerte Bedürfnisse der Nutzer zu befriedigen. Sollte ein Urheber gegen diese Erweiterung Einwände habe, bliebe ihm weiter unbenommen, sein Bild von der Bildersuche auszuschließen. Andererseits muss es auch Grenzen für die ungefragte Verwendung geistigen Eigentums geben. Diese könnten bei der neuen Bildersuche überschritten sein, insbesondere weil für viele Nutzer keine Notwendigkeit mehr besteht, die Originalseite zu besuchen. Im Grundsatz sollen Suchmaschinen helfen, Inhalte auf anderen Webseiten zu finden. Wenn sie deren Inhalte jedoch vollumfänglich selber darbieten – und sei es nur mittels Inline Links – maßen sie sich eine Rolle an, die ihnen ohne explizite Einwilligung nicht zukommen sollte.


Fazit: Von daher meine erste Einschätzung, die ich in den nächsten Wochen mit der Beleuchtung einzelner Teilaspekte noch vertiefen möchte: Die Rechtswidrigkeit der neuen Bildersuche von Google liegt nach den bisherigen Maßstäben der Rechtsprechung jedenfalls nicht offen auf der Hand. Ob eine Beeinträchtigung eines Ausschließlichkeitsrechts vorliegt, ist nach bisheriger oberlandesgerichtlicher Rechtsprechung eher zweifelhaft; vom BGH aber soweit ersichtlich noch nie für derartige Fallkonstellationen entschieden worden.

Unter der alten Gestaltung der Bildersuche habe ich mich mehrfach zugunsten von Google positioniert (insbesondere Zulässigkeit der Erstellung von Thumbnails durch Bilder- und Nachrichtensuchmaschinen?, ZUM 2007, 119-128 und Bildersuchmaschinen und Urheberrecht, ZUM 2009, 345-354). Bei der neuen Gestaltung tendiere ich bislang zur Annahme eines Rechtsverstoßes.

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